Sonntag, 9. Januar 2011

Puerto Natales

09.01.11
Nachdem wir die Weihnachtsfeiertage angenehm im Hostal Independencia in Punta Arenas verbracht hatten und unsere Taschen wieder ausreichend mit Lebensmitteln und vor allem gut mit Schokolade gefuellt waren, konnte es in Richtung Puerto Natales losgehen. Eine Strecke von 250km galt es zu bewaeltigen, wofuer wir insgesamt 4 Tage einplanten, inklusive einem kleinen Abstecher zu einer Pinguinkolonie. Direkt am ersten Tag ging es dann auch zu den kleinen Herren und Damen im schwarzen Frack, 38km Wellblechpiste zu der Kolonie: Seno Otway. Der "kleine Abstecher" einpuppte sich schnell zu einem Haertetest fuer unsere Nerven, die Arme und den Hintern. Im Lateinamerikabikebuch sprachen sie von einem kleinen Abstecher von 25km, naja dies entsprach nicht ganz der Realitaet, aber nun waren wir einmal auf dem Weg und wollten unbedingt die Pinguine sehen. Schlussendlich wurden wir dann auch fuer unsere durchlebten Strapazen entschaedigt und konnten die Tiere beim Watscheln bewundern. Ein einmaliges Erlebnis, so in freier Natur und nicht im Zoo...
Doch was nun, es war bereits 18:00 Uhr und wir mussten die 38km Wellblechpiste wieder zurueck?! Fuer den Hinweg hatten wir satte 5 Stunden Fahrzeit gebraucht. Nils und ich versuchten alles Moegliche in die Wege zu leiten, um den Rueckweg per Pedales vermeiden zu koennen. Aber wir waren drei Personen, drei Fahrraeder, ein Anhaenger und zahlreiche Gepaecktaschen, ein kleines Auto reichte da bei weitem nicht aus. Ein deutsches Paerchen wollte zwar uns, jedoch nicht unsere Raeder mitnehmen. Die Ladeflaeche des Pickups sei schliesslich mit den eigenen Hartschalenkoffern schon ausgelastet genug... Wir kuemmerten uns nicht weiter darum, waren insgeheim aber doch etwas enttaeuscht, von den eigenen Landsleuten so im Stich gelassen zu werden. Ploetzlich entdeckten wir einen Reisebus und der hatte doch tatsaechlich einen Gepaecktraeger oben auf dem Dach. Schnell nadchgefragt und wir durften aufladen. Die Raeder und der Anhaenger auf das Dach, Nils und Frantz in den Bus und es konnte losgehen. Ich blieb alleine mit meinem Gepaeck und einer Tasche vom Frantz auf dem Parkplatz zurueck, mehr Platz war einfach nicht vorhanden. So wartete ich eine viertel Stunde und fand schliesslich ein aelteres Paerchen, welches mich zur Hauptstrasse mitnahm, wo ich die anderen beiden wieder treffen wollte. Unterwegs wurde ich sogar noch mit Toertchen verpflegt und es wurde eine sehr angenehme Rueckfahrt, zurueckgelehnt im weichen Ledersitz liess sich die Wellblechpiste wirklich gut aushalten.
Am naechsten Morgen ging es dann weiter und es dauerte keine 2 Stunden da trafen wir auf ein Tandem, welches auf ihren letzten Metern nach Ushuaia war. Gestartet waren die beiden in Alaska, vor 17 Monaten. Nils hatte just in diesem Moment seinen ersten Platten zu beklagen und so hatten wir ausreichend Zeit, um Erfahrungen auszutauschen. Kaum sassen wir wieder auf den Raedern trafen wir noch 2 weiteren Radlerteams, manchmal trifft man niemanden und man denkt, man ist ganz alleine unterwegs und dann kommen Tage wie dieser, einfach herrlich. 
Um die Tagesetappe nach Via Tuchelches jedoch noch bewaeltigen zu koennen, mussten wir dann kraeftig in die Pedale treten. Unsere Zelte durften wir in einer alten Arena aufstellen, der Boden war hart und steinig, jedoch waren wir windgeschuetzt.
Von Via Tuchelches ging es dann weiter nach Morro Chicco, wo wir eigentlich keinen Stopp eingeplant hatten. Doch der reine Wille, sein Tagesziel zu erreichen, reicht vor allem in Patagonien manchmal einfach nicht aus! Der Wind sollte mal wieder bestimmen, wann und wo fuer uns Schluss war. Die Polizei in Morro Chicco bot uns einen alten Schuppen als Unterschlupf an, den wir dankend annahmen und so verbrachten wir den Rest des Tages mit baden im Fluss und einer selbstgemachten Portion Papas Fritas von dem Cafe um die Ecke. Gegen 05:00 Uhr am Morgen sollte der Wind angeblich abflauen, ehe er dann um 10:00 Uhr wieder starten wuerde. Also klingelte uns der Wecker um 04:00 Uhr aus dem Schlaf, wir packten unsere Sachen und machten uns auf den Weg, 100km lagen bis Puerto Natales noch vor uns. Der Wind schlief tatsaechlich noch! Wir nahmen Fahrt auf, beschleunigten auf 20km/h und legten nur zum Trinken ein paar klitzekleine Zwischenstopps ein. Um 11:30 Uhr, nach 6 1/2 Stunden radeln inklusive der Pausen, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 17 km/h, fuhren wir nach exakt 100,36km in Puerto Natales ein. Wer haette das am vorigen Tag fuer moeglich gehalten?
Die Beine waren schwer, meine Finger taub, aber wir hatten es geschafft. Die ersten am Stueck geradelten 100km lagen hinter uns und das in einer Rekordzeit!
Wir zelebrierten unsere Leistung mit 2 gegrillten Haehnchen, Brot, einer 2,5l Flasche Cola sowie einer Dose Fruchtsalat zum Dessert. Voellig uebersaettigt lagen wir muede auf dem Rasen einer kleinen Parkflaeche mitten in der Stadt, ein Bild fuer die Goetter!
Nachdem das Hostal Dickson in der Bulnes 307 schnell gefunden war, wir die Raeder entluden hatten, ging ich nach einer ausgiebigen heissen Dusche erstmal ein Mittagsschlaefchen machen.
Ein Ruhetag mit Vorbereitungen fuer die anstehende Wanderung im Torres del Paine Nationalpark lag vor uns. Hier sollten sich unsere Wege zunaechst einmal trennen, denn Nils und Frantz wollten das "W" laufen, welches 4 Tage beansprucht, waehrend es mich auf den "Circuit" zog, eine 8 taegige Wanderung inklusive der Rueckseite der Torres.
Anlaesslich des Silvesterabends, der auch zugleich der letzte gemeinsame war, kochten wir uns im Hostal ein Festmahl. Es gab: Pellkartoffeln, gekochte Moehren in Butter, handgemachte Frikadellen und dazu Chips, Wein, Sprite und zum Nachtisch Vanillejoghurt. Ein Traum!
Kochen, abwaschen und anschliessend den grossen Rucksack packen, alles in allem dauerte ziemlich lange, sodass wir uns um 12:00 Uhr einmal feste in den Arm nahmen, uns ein frohes neues Jahr wuenschten und dann schlafen gingen, am naechsten Morgen ging es schliesslich schon um 07:00 Uhr los.
Der Abschied von meinen bisherigen Wegbegleitern im Park fiel mir dann doch relativ schwer, wir machten noch ein Foto, dann drehte ich mich um, winkte noch einmal zurueck und stiefelte los.
8 Tage wandern lagen nun vor mir. Das Wetter war ausgezeichnet, der Rucksack drueckte schwer auf meine Schultern, ein noch voellig unbekanntes Gefuehl. Es ging bergauf, durch Wald, an Fluessen entlang und durch riesige Margaritenfelder, die Wanderung begann wirklich schoen. An meinem ersten Tag traf ich auf dem gesamten Weg nur ein einziges deutsches Ehepaar, ansonsten war ich mit der Natur allein. Am Campingplatz wurde ich dann gleich zu einem Glas Orangensaft eingeladen und es wurde ein lustiger Abend, nur die zahlreichen Bremsen und Muecken, die mich besonders schmackhaft fanden, stoerten sehr.
Am folgenden Tag legte ich 28km in 10,5 Stunden zurueck, die Sonne hatte mich trotz 3fachen Eincremens verbrannt, die Fuesse begannen zu schmerzen, da sich die Hacken wund liefen. Eine eiskalte Dusche mit Gletscherwasser verschaffte zumindest ein wenig Linderung und nach einer grossen Portion Spaghetti und einer ganzen Tafel Schokolade war ich zufrieden und der Rucksack um ein paar Gramm leichter ;-)
Anderntags musste ich den Paso John Gardner queren, der noch Schneefelder beinhaltete. 
600 Hoehenmeter ging es ueber Schutt- und Geroellfelder bergauf, anschliessend durfte ich den herrlichen Anblick des Glacier Grey bewundern. Als ich nach 9 Stunden wandern schliesslich mein Zelt aufgebaut hatte und gerade auf dem Weg war, Wasser zu holen, traute ich meinen Augen kaum, als Nils um die Ecke kam.
So wurde es ein weiterer schoener gemeinsamer Abend, bei dem wir ein einmaliges Lichtspiel auf dem Gletscher bewundern durften. Dann verabschiedete ich mich entgueltig von Nils und Frantz, fuer sie ging es wieder nach Puerto Natales zurueck, um dann mit dem Rad weiterzufahren. Vor mir hingegen, lagen noch 3 weitere Wandertage. Lief ich die letzten Tage fast ganz alleine durch die Natur, so kamen mir nun regelrechte Wandergruppen entgegen, die Pfade waren ebenfalls deutlich ausgetretener.
Der tuerkisfarbene Lago Nordenskjoeld beeindruckte mich zutiefst, nie zuvor hatte ich einen solchen intensiven Farbton gesehen.
An meinem vorletzten Tag ging es dann endlich zu den beruehmten Torres hinauf. Ich war frueh gestartet und kam somit schon gegen 13:00 Uhr am Campamento Torres an, baute mein Zelt auf und legte mich noch ein Weilchen hin. Dann stieg ich zur Aussichtsplattform auf. Der Weg gestaltete sich als aeusserst schwierig, sehr steinig und sandig, zudem bliess ein heftiger Wind, doch dann stand ich endlich oben und konnte meinen Augen kaum trauen. 
Solch eine Schoenheit. Selbst jetzt beim Schreiben dieses Berichtes bekomme ich noch eine Gaensehaut, nie zuvor habe ich etwas Beeindruckenderes erlebt, einfach gigantisch und auf Bildern nicht nachvollziehbar. 2 Stunden verweilte ich dort, bevor es definitiv zu kalt wurde und ich wieder zu meinem Zelt herabkletterte. Am naechsten Morgen wollte ich jedoch wiederkommen, um den Sonnenaufgang bestaunen zu koennen. Also machte ich mich um 04:00 Uhr bei voelliger Dunkelheit auf den Weg und erreichte 45 Minuten spaeter die Spitze. Leider machte mir das Wetter aber einen Strich durch die Rechnung, leichter Nieselregen hatte mich schon geweckt und nun umhuellten Nebelschwaden die Torres fast vollstaendig. 
Das beruehmte orangerote Leuchten bei Sonnenaufgang bekam ich daher leider nicht zu sehen. Voellig uebermuedet stieg ich wieder hinab, legte mich nochmal eine Stunde hin und baute mein Lager dann endgueltig ab, es ging nach 7 Tagen wieder nach Puerto Natales zurueck. Die Spaghetti, Tuetensuppen und Haferflocken hingen mir zum Halse heraus und ich freute mich auf den Supermarktbesuch, bei dem ich mir erst einmal ein dickes Kaesebrot kaufen wuerde.
In Puerto Natales nahm ich dann wieder ein Zimmer im Hostal Dickson, wo mein Fahrrad auch auf mich wartete. Ich schlemmte mich durch die Leckereien im Supermarkt und fuellte meine Taschen abermals mit allen moeglichen Lebensmitteln, um mich auf den Weg nach El Calafate machen zu koennen. Weitere 270km durch offene Pampa, meinem naechsten Ziel: dem Perito Moreno Gletscher entgegen.
So machte ich mich heute Morgen nach einem ausgiebigen Fruehstueck auf den Weg und legte 60km zurueck, bevor ich mein Zelt hinter einer Cafeteria in Cerro Castillo aufschlagen durfte.
Besonders beeindruckten mich die einheimischen Gauchos, die auf Pferden eine riesige Kuhherde vor sich hertrieben. Ich fuhr mitten hindurch! 
Ein mulmiges Gefuehl und doch ein schoenes Erlebnis.
Der Wind hat wieder ordentlich zugenommen und wird mich auf meinen weiteren 200km auf eine harte Probe stellen. Ich denke, dass ich weitere 4 Tage brauchen werden, bevor ich 2 Tage in El Calafate bleiben werde.


Bitte geduldet euch noch ein wenig mit den Bildern, dies wuerde noch erheblich mehr Zeit in Anspruch nehmen, wie das Erstellen der Berichte... sorry!

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